Über Silvia Hering

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Biologin und Psychologin, aber hier geht’s um Malerei …

…weil Malen und Zeichnen auch eine wichtige Konstante in meinem Leben darstellen, eigentlich soweit die Erinnerung zurückreicht. Dennoch wurde es zunächst ein Biologiestudium (in Chișinău und Moskau). Dieses Studium war aber dem Malen und Zeichnen auch zuträglich, weil wir dabei mit echten Pflanzen zu tun hatten, welche möglichst naturgetreu abzubilden waren. In Botanik- und Zoologieseminaren habe ich mikroskopische Abbilder mit Hingabe angefertigt. Die geheimnisvollen Strukturen – Pflanzenparenchym und Leitbündel, innere Organe und Gewebe verschiedener Lebewesen – wurden liebevoll aufs Papier gebracht.

Mikrostrukturen sind faszinierend – ich kam nicht so schnell davon los und empfand damals den allzu lockeren Strich als Fehler. Die jahrelange Beschäftigung mit den Details, auch von Gesichtern und Gestalten, kam aber an eine Grenze, wo das Detail den Ausdruck verstellt. Im Weitergehen über diese Grenze wurde ich bestärkt durch Max Görner, den heute emeritierten Prof. an der Kunsthochschule Berlin-Weißensee, an welcher ich allerdings nie eingeschrieben war. Ich malte im Malzirkel von Max Görner und hatte bei ihm privaten Unterricht (1981-1990); später (und bis heute) halfen mir seine Hinweise und Kritiken.

Mit dem Mauerfall (und anderen zerfallenden Strukturen) wuchs mein Interesse für Psychologie. Ich studierte ein zweites Mal, Psychologie mit Spezialisierung in Klinischer Psychologie (in München) und anschließender Psychotherapie-Ausbildung. In diesen Jahren trat das Bilder-Malen etwas in den Hintergrund. Aber ein Teil von mir war unverdrossen beschäftigt mit dem, was ich unter bildnerischem Ausdruck verstehe: wenn etwas „ins Auge fällt“, verbindet es sich mit dem episodischen Gedächtnis (was war vorher schon einmal schön, interessant oder bewegend?), wonach „es“ unter Verwendung von Energie wieder nach außen strebt und sich „bildet“. So, wie ein Kind im Sandkasten Kuchen bäckt.

Wieviel Subjektives soll oder darf in die Bilder hinein? Wenn ich besser malen lerne – das heißt, eine Technik besser beherrsche – bin ich weniger dem Zufall oder dem Missgeschick unterworfen. Aber auch der Zufall kann etwas produzieren, das mir „wahr“ erscheint.

Das beantwortet aber die Frage nach der Berechtigung des Subjektiven nicht. Ich denke, das Subjektive wird unbedingt benötigt, um ein interessantes Bild zu malen. Es ist natürlich technisch sehr anspruchsvoll, fotorealistisch zu malen (ich habe es nicht gelernt), doch noch schwerer ist es, in einer sehr nah an der Realität angelehnten Malweise (wie im Fotorealismus) einen subjektiven Fußabdruck zu hinterlassen. – Weshalb lieben wir die Bilder der klassischen Moderne? Weil die Maler aus dieser Epoche (wie Matisse, Braque, Picasso) am mutigsten mit vorgefertigten Malstilen brachen und kraft ihrer Subjektivität Unverwechselbares schufen.

Das ist viel schwerer gesagt als getan, denn wer ist schon so mutig, das, was er gerade malt, nicht durch objektivierende Betrachtung wieder infrage zu stellen und zu zerstören? Befriedigend finde ich, die Dinge so malen zu können, wie sie für mich wirklich sind oder in der Erinnerung abgebildet werden.

Zum Beispiel wird meine Moskauer Zeit (siehe Work 2015) aus der Erinnerung reproduziert, nicht aufgrund von Fotos.

Auch die Tangoszenen sind aus der Erinnerung entstanden und haben viel mit meinen eigenen Blockaden beim Tanzen zu tun. Wie viel Mühe kostet es, sich wirklich entspannt der Musik hingeben zu können, und ist die Entspannung vielleicht eine Illusion? Der Prozess des Tangolernens ist wie das Leben – der Weg ist das Ziel. Man lernt sich selbst besser kennen und seine Schwächen zu akzeptieren, ist froh, mittanzen zu dürfen. Eigentlich ist der Tango, wie die Malerei, Abbild von Leben und Beziehungsweisen.

Noch ein Wort zum Spiel mit den Farben. Erinnerungen sind ja nicht grau, sondern vielfarbig. Und da ich aus der Erinnerung male, werden die Farben intuitiv gesetzt. Beim Betrachten des halbfertigen Werkes kommt dann etwas Farbenlehre dazu, und man muss gut überlegen, ob der kalkulierte Farbeinsatz von Vorteil für das Bild sein würde. Wieder eine Analogie zum Leben: Wissen ist ganz hilfreich, aber nicht in jeder Situation.

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